27 - Im Lande des Mahdi I by May Karl

27 - Im Lande des Mahdi I by May Karl

Autor:May, Karl [May, Karl]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-07-15T22:00:00+00:00


FÜNFTES KAPITEL

In der Wüste

Korosko! Ein berühmter, weit bekannter Name, und doch welch eine elende Ortschaft! Dieses nubische Dorf wird von Felsengebirgen umgeben, deren nackte Abhänge wie Blechblenden die heißen Sonnenstrahlen sammeln und niederwerfen. Kein Mensch würde hier wohnen; aber bei diesem Ort verläßt der Nil – aufwärts gerechnet – seine bisherige Richtung und windet sich in einem mächtigen Bogen durch die felsige Gegend, welche Batn el Adschar, Bauch der Steine, genannt wird. In diesem Bogen gibt es mehrere Stromschnellen und Katarakte, welche die Schiffbarkeit des Stroms, wenn nicht unterbrechen, so doch sehr hemmen. Die Fahrzeuge müssen ausgeladen, an Seilen durch die Stromengen gezogen und dann wieder beladen werden, was nicht nur große Mühe, sondern auch bedeutenden Zeitverlust verursacht. Darum pflegt man von Korosko aus den großen Bogen, anstatt ihn zu Wasser mitzumachen, zu Land abzuschneiden und so die Reise um ein Beträchtliches zu kürzen. Dieser Landweg ist ungefähr 400 Kilometer lang und führt durch die Atmur, wie die zwischen Korosko und Berber gelegene nubische Wüste genannt wird. Da der erstgenannte Ort der Ausgangspunkt dieser Wüstenreise ist, so hat man dort sein Gepäck zu ordnen, Kamele zu mieten, die letzten Einkäufe zu machen und vieles andere mehr. Dies gibt dem Ort einige Bedeutung, und dennoch besteht er nur aus höchstens fünfzehn elenden Hütten und einem Khan, in welchem man übernachten kann. Auch eine Moschee gibt es da, deren Minarett wie ein Taubenhaus gebaut ist. Das sogenannte Postgebäude ist das einzige, welches sich einer verschließbaren Tür zu rühmen vermag. Am Wasser stehen einige Schuppen, die mit Matten und alter Sackleinwand gedeckt sind. Das sind die Comptoirs und Niederlagen der arabischen Händler, welche die Erzeugnisse des Sudans gegen diejenigen Europas umsetzen.

Der erwähnte Wüstenweg mündet bei Abu Hammed wieder auf den Nil. Er war ganz in Vergessenheit geraten. Da erteilte Mehemmed Ali einem kleinen Ababdeh-Häuptling den Auftrag, ihn wieder aufzufinden. Der Ababdeh löste diese schwierige Aufgabe ohne Kompaß und andere Instrumente, und dafür wurden er und seine Nachkommen zu Scheichs des Wüstenstreifens ernannt. Sein Sohn hieß Hammed Khalifa und zeigte sich als absoluten Beherrscher der Wüste und Karawanen. Er erhob für jedes Kamel einen kleinen Zoll und bürgte dafür für die Sicherheit des Lebens und des Eigentumes der Reisenden. Aus diesem Grund reiste man durch den Atmur bedenkenloser als durch andere Wüstenstrecken. Und doch reichte auch die Macht dieses Scheichs nicht ganz hin, die garantierte Sicherheit zu einer vollständigen zu machen. – – –

Murad Nassyr, mein dicker Türke, war endlich mit seinem Sandal in Siut angekommen und hatte mich, Ben Nil und Selim an Bord genommen. Er erfuhr natürlich sofort, was wir erlebt hatten, und konnte gar nicht begreifen, daß der Haß Abd el Baraks so große Dimensionen angenommen hatte. Natürlich zeigte er sich sehr erfreut darüber, daß ich keinen Schaden davongetragen hatte. Als ich ihm mitteilte, daß ich die Bekanntschaft des Raïs Effendina gemacht hatte, schien er einigermaßen verstimmt darüber zu sein, und ich nahm mir vor, dieses Thema nicht wieder zu erwähnen.

Die Fahrt von Siut nach Korosko kam mir nicht langweilig vor. Es gab so viel zu sehen, zu hören, zu beobachten.



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